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2.2 Grundfunktionen der Textverarbeitung mit WinWord 6.0

2.2.1 Textbearbeitung

Arbeitsaufgabe 1: Fließtext mit Formatierungs- und Sonderzeichen eingeben.
Die Kontrolle der Texteingabe gehört zu den Mindesterwartungen an die Funktionalität von Braillezeilen. Unter MS Windows ist diese Aufgabe nicht trivial, denn für die hier üblichen Zeichensätze besteht bisher keine gültige Braille-Konvention. Da neben den in ANSI codierten Textschriftarten parallel auch verschiedene Symbol-Schriftarten eingesetzt werden, kommen in heutigen Texten vermehrt Zeichen vor, die in Braille nicht oder nicht eindeutig definiert sind, wie etwa die typografischen Anführungszeichen, mathematische Symbole etc.. Die Hilfsmittelhersteller sind also mit dem Erfordernis konfrontiert, eigene Lösungsansätze für die Wiedergabe der Zeichen zu entwickeln. Dem Test wurde exemplarisch ein deutschsprachiger Text mit verbreiteten Grafikzeichen (z.B. Ó Copyright) zugrundegelegt.

Indikatoren
Die Kontrolle der Texteingabe ist grundlegend möglich, wenn Textzeichen, Interpunktionszeichen, nichtdruckbare (Formatierungs-) Zeichen und grafische Symbole eindeutig unterscheidbar auf der Braillezeile wiedergegeben werden. Um die Problematik einzugrenzen, wurde zunächst nach der korrekten Wiedergabe von Textzeichen der deutschen Sprache (Indikator 1) gefragt, die jeder Braille-Kundige leicht nachprüfen kann. Die eindeutige Wiedergabe der am Bildschirm verwendeten Formatierungszeichen wie Zeilenschaltung, Absatzmarke, Tabulatorzeichen etc. (Indikator 2) war bereits zu Zeiten von MS DOS Aufgabe des Hilfsmittelherstellers. Unter Windows hinzugekommen sind Interpunktionszeichen und verschiedenste grafische Symbole. Hilfsmitteleigene Lösungen hierfür wurden im Test explorativ erfragt. Aus dem Befund wurden exemplarisch zwei Indikatoren abgeleitet: Das Copyright-Zeichen Ó (Symbol-Schriftartzeichen Nr. 211) soll kontrolliert eingefügt werden können (Indikator 3), und es soll die Möglichkeit geben, Sonderzeichen mit vollständiger Bezeichnung auf der Braillezeile oder per Sprache wiederzugeben (Indikator 4).
Grafik 'Abbildung # 1'
Abbildung 1 Die nichtdruckbaren Zeichen werden von den Windows-Anpassungen überwiegend dargestellt. Probleme machen z.B. die typografischen Anführungszeichen.

Testergebnisse
Keine Schwierigkeiten wurden bei der Wiedergabe deutschsprachiger Texte verzeichnet. Da allerdings die Zeichensatz-Problematik nur in einem der Handbücher (Insight) angesprochen wird, sollte die korrekte Zeichendarstellung in Braille künftig differenzierter erfragt werden. Die Formatierungszeichen wurden von allen Produkten überwiegend eindeutig wiedergegeben, wobei typische Ausfälle bei der einfachen Zeilenschaltung und beim Tabulatorzeichen auffielen. Diese Zeichen konnten bei zwei Produkten (Blindows und IBM SR/2) vom Anwender selbst definiert werden. Für Insight verweist der Anbieter Novotech auf den Modus "Layoutkontrolle", in der Hedo-Installation wurden aber die typischen Ausfälle festgestellt. Bei Virgo wurden neben dem fehlenden Zeilenschaltungs-Zeichen auch Schwierigkeiten mit Seitenwechsel und Abschnittswechsel festgestellt, die nur in der Layoutansicht aufzufinden waren. Das Copyright-Zeichen Ó (Symbol-Schriftartzeichen Nr. 211) konnte mit keinem Produkt kontrolliert eingefügt werden. Die vollständige Bezeichnung der Sonderzeichen wurde bei IBM SR/2 per Sprache, bei Insight per Sprache und Braillezeile wiedergegeben.

Arbeitsaufgabe 2: Fließtext lesen und korrigieren.
Lesen und Korrigieren eines Textes sind Grundfunktionen, die besonders sicher und effizient steuerbar sein sollten. In diesem Bereich gibt es eine Vielzahl individueller Arbeitstechniken. Es wurden zwei grundlegende Verfahren herausgegriffen: das Lesen mithilfe der Lesetasten der Braillezeile, das unter MS Windows regelmäßig auch ein seitliches Scrollen der Brailleanzeige erfordert, und das Markieren von Textblöcken, das bereits unter MS DOS nicht trivial war. Das Zeitverhalten der Braillezeile beim Lesen unter WinWord wird vielfach kritisiert, konnte aber aus methodischen Gründen nicht überprüft werden.

Indikatoren
Auf der 80stelligen Braillezeile enden längere Textzeilen mitten im Wort, so daß es wichtig ist, beim Scrollen des Brailleausschnitts die Schrittweite so einstellen zu können, daß ganze Worte unverstümmelt lesbar sind (Indikator 1). Wichtig, aber im Test leider ausgelassen, ist die Funktion des Cursor-Routings, die den Eingabecursor an die auf der Braillezeile angezeigte Korrekturstelle führt. Das Markieren von Textblöcken soll sowohl während des Vorgangs als auch im Nachhinein kontrollierbar sein (Indikator 2, 3 und 4). Nicht zwingend erforderlich erscheint beim Lesen zu Korrekturzwecken eine vollständige Dokumentlesefunktion des Hilfsmittels, mit der auch Text außerhalb des Fensterausschnitts angezeigt werden könnte.

Testergebnisse
Die Schrittweite des Scrollens war bei Blindows, IBM SR/2 und Insight verschieden einstellbar, so daß Worte am Ende der Braillezeile unverstümmelt angezeigt werden konnten. Die anderen Produkte verschoben den Ausschnitt beim Lesen mit den Lesetasten um die ganze Länge der Braillezeile. Das Markieren über mehrere Absätze hinweg wurde im Test mit der Funktion F8+Cursor durchgeführt. Hierbei konnte nur Blindows über mehrere Zeilen hinweg folgen, bei den anderen Produkten blieb die Braillezeile in der ersten markierten Zeile stehen. Wurde die Markierfunktion auf andere Weise ausgeführt oder überprüft, so konnten auch die anderen Produkte den Vorgang verfolgen, Virgo allerdings nur bei Einsatz der separat gelieferten WinWord-Makros. Blindows konnte sowohl das Markieren per Cursor als auch per Mouse mitverfolgen. Die nachträgliche Kontrolle des markierten Bereichs war bei allen Produkten möglich, jedoch ergeben sich aus anderen Testaufgaben, die hier nicht systematisch ausgewertet werden können, Hinweise auf typische Mängel in der zeichengenauen Wiedergabe markierter Bereiche. Alle abgefragten Indikatoren wurden von Blindows erfüllt, ein annähernd vollständiges Ergebnis erreichten auch IBM SR/2 und Insight.

Arbeitsaufgabe 3: Rechtschreibkontrolle durchführen.
Die Rechtschreibkontrolle gehört zu den teilautomatisierten Funktionen der Textbearbeitung, von denen Blinde in besonderem Maße profitieren können. Eine Schwierigkeit für Blindenhilfsmittel ist insbesondere darin zu erwarten, daß zwischen dem Änderungsvorschlag im Dialogfeld und der Fundstelle im Dokument gewechselt werden muß. Diese Form der Kontextkontrolle trifft auf andere Bearbeitungsfunktionen, wie Suchen, Ersetzen und Silbentrennung, in ähnlicher Weise zu.

Indikatoren
Die Rechtschreibkontrolle wird im Wechsel zwischen dem Dialogfeld "Rechtschreibung: Deutsch" und der Fundstelle im Dokument durchgeführt. Das Dialogfeld umfaßt u.a. auch die Funktionen zur Aufnahme eigener Begriffe in das Wörterbuch und sollte vollständig bedienbar sein (Indikator 1). Bei Aufruf der Rechtschreibprüfung soll das hervorgehobene Wort angezeigt werden und nicht etwa die aktive Befehlsschaltfläche (Indikator 2). Die Effizienz der Rechtschreibkontrolle hängt wesentlich davon ab, daß zwischen dem Änderungsvorschlag im Dialogfeld und dem Kontext im Dokument direkt hin- und hergesprungen werden kann (Indikator3).
Grafik 'Abbildung # 2'
Abbildung 2: Verlangt wird eine Funktion zum Sprung zwischen dem Änderungsvorschlag im Dialogfeld und der Fundstelle im Text.

Testergebnisse
Die Bedienbarkeit des Dialogfelds war bei keinem Produkt ein Problem, ebensowenig die Anzeige des hervorgehobenen Worts bei Aufruf der Rechtschreibkontrolle. Der unmittelbare Wechsel zwischen dem hervorgehobenen Wort im Dialogfeld und dem Kontext im Dokument war bei IBM SR/2 und Insight möglich. IBM SR/2 gab den Kontext in Sprache wieder, für die Braille-Anzeige müßte der Zugriffsbereich erweitert werden. Bei Insight in der Novotech-Installation mußte mehrfach ein Bildschirm-Neuaufbau aufgerufen werden. Die Hersteller von Blindows und Windots verwiesen auf den Einsatz der Windows-Funktion STRG+TAB, mit der zwischen den Fenstern einer Anwendung gesprungen werden kann. Diese Funktion bringt aber beim Sprung in das Dialogfeld nicht direkt das hervorgehobene Wort in den Hilfsmittelfokus. Insofern muß hier eine hilfsmitteleigene Funktion zum Sprung zwischen Dialogfeld und Kontext verlangt werden.

Arbeitsaufgabe 4: Dokument speichern bzw. laden.
Das Speichern und Laden von Dokumenten ist immer dann ein komplexer Vorgang, wenn die Ablage in einer vielfältig verzweigten Struktur organisiert ist. Bei anspruchsvolleren Aufgaben der Textverarbeitung sind weitere Faktoren wie Dateityp, Schreibschutz etc. zu beachten.
Grafik 'Abbildung # 3'
Abbildung 3: Die Anzeige des aktuellen Verzeichnisses ist nicht mit der Tastatur erreichbar. Um diese Anzeige zu finden, muß mit den Funktionen des Hilfsmittels gearbeitet werden.

Indikatoren
Die Dialogfelder "Öffnen" und "Speichern unter" sind in den Hauptbestandteilen gleich strukturiert. Am meisten gebraucht wird die Einstellung des Ablagepfades (Laufwerk und Verzeichnis, Indikator 1 und 2). Die Anzeige des aktuellen Verzeichnisses sollte auf einfache Weise erreichbar sein - leider ist die Testaufgabe für diesen Indikator nicht auswertbar. Weiterhin wurde das Listfeld zur Wahl des Dateityps überprüft (Indikator 3).

Testergebnisse
Die Einstellung des Ablagepfades war bei allen Produkten unproblematisch. Die Einstellung des Dateityps war überwiegend auch kein Problem. Lediglich Windots wies bei diesem Feld Informationsverluste auf, die aber bei geeigneter Arbeitsweise die Ausführbarkeit der Aufgabe nicht beeinträchtigten.

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Erstellt: 10.08.1998 19:51   Aktualisiert: 14.12.1998 21:46
Autor: Brigitte Bornemann-Jeske et al.
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Modellversuch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung