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2. Ergebnisse der praktischen Prüfung

2.1 Ausgangsbedingungen

Ausstattung
Die praktische Prüfung der Windows-Anpassungen für Blinde wurde vom November 1996 bis zum März 1997 in den Laborräumen der BIT GmbH durchgeführt. Zur Installation der Hilfsmittelsysteme standen zwei gleich ausgestattete Rechner zur Verfügung.

PC-Systeme
Die Rechner waren nach dem aktuellen Marktstandard ausgestattet mit je einem Pentium 133 Prozessor, 16 MB RAM, 2.1 GB Festplatte, Diskettenlaufwerk, CD-ROM, Netzwerkkarte, Grafikkarte TRIO64 2 MB, Monitor, Soundblaster 16 Vibra, Cherry Tastatur, Logitech Mouse, 1 parallele und 2 serielle Schnittstellen. Ein Rechner wurde mit einer dritten seriellen Schnittstelle ausgestattet. Ein Modem Elsa Microlink stand für wechselnden Anschluß zur Verfügung.
Als Betriebssystem wurde DOS 6.22 mit der Bedienoberfläche Windows 3.11 installiert. Für den Test des IBM SR/2 wurde ein Rechner auf OS/2 Warp 3.0 umgerüstet. Die Rechner waren in einem Netzwerk unter Novell 3.12 eingebunden, wobei auf Daten und Drucker zentral, auf Programme lokal zugegriffen wurde. An Anwendungsprogrammen wurden vorinstalliert: Microsoft Office 4.3 mit Word für Windows 6.0 und Excel 5.0, MS Access 2.0, Corel WordPerfect für Windows 6.1. Die Installation der Anwendungen Topware D-Info 3.0, Bertelsmann Universal Lexikon 1996 und T-Online 1.20 mit NetScape Navigator 2.01 war Bestandteil der Testaufgaben.
Testkonfigurationen
Anbieter
Screen Reader
Version
Braillezeile
Sprachausgabe
Sonstiges
Baum
Virgo 1.4
Baum DM 80 plus
(unbenannt) - in Braillezeile integriert
WinWord-Erweiterungen Version 1.68
Frank Audiodata
Blindows 3.x
Audiodata-Braillezeile 84
- Audiobox V1.99c
- Multivox
TASO Spaltenschieber
Hedo
Insight 1.0
Hedo Profiline
Talking Blaster
Novotech
Insight 1.0
ALVA ABT 380
Infovox IV 700
Papenmeier
Windots 1.32
Braillex 2D Screen / dualport
Windots Speech Kit (Infovox)
Windots Visual Kit mit Ergänzungsmonitor
Karin Weirich
IBM SR/2 2.01
EHG Handytech
Vox Box (Infovox)
SR/2 Keypad

Hilfsmittelsysteme
Die Hilfsmittelsysteme waren wie in der Tabelle Testkonfigurationen benannt mit Screen Reader, Braillezeile, Sprachausgabe und sonstigen Bestandteilen ausgestattet. Braillezeile und Sprachausgabe wurden überwiegend vom Anbieter der Anpassungssoftware (Screen Reader) geliefert, mit Ausnahme von IBM SR/2, die entsprechend der Empfehlung des Anbieters mit Hardware aus anderer Quelle konfiguriert wurden. Die Sprachausgabe Infovox ist dreimal vertreten. Die Screen Reader wurden überwiegend in einer einzigen Konfiguration getestet, mit Ausnahme von Insight, das zweimal vertreten war.
Als besondere Bestandteile sind bei Blindows und IBM SR/2 zusätzliche Bediengeräte, bei Windots ein Kontrollmonitor zur Wiedergabe des vom Sreenreader erzeugten Bildschirmabbilds für den Sehenden enthalten. Zum Betrieb von Virgo wurde die vom Hersteller Baum im Rahmen einer Schulung gelieferte WinWord-Erweiterung eingesetzt. Diese nur mit Baum-Produkten verwendbaren WinWord-Makros erweiterten die Funktionalität von Virgo unter WinWord 6.0 wesentlich, so daß in der Auswertung der Testergebnisse die Produkte "Virgo" und "Virgo mit WinWord-Makros" unterschieden werden.

Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, daß auch Jaws 1.22 in zwei Konfigurationen, und zwar mit den Braillezeilen EHG Handytech und KTS Brailloterm sowie in beiden Konfigurationen mit der Sprachausgabe Apollo 2, getestet wurde. Auf Wunsch des Anbieters Omni-PC wurden die Ergebnisse zu Jaws aus der Darstellung herausgenommen.
Nicht getestet wurde Protalk, das uns von B&M in Kombination mit der Braillezeile BMS III angeboten wurde. Die Meldung zur praktischen Prüfung erfolgte verspätet, so daß wir das Produkt aus organisatorischen Gründen nicht berücksichtigen konnten.

Installation
Das Anforderungsprofil Windows-Anpassungen für Blinde enthält unter 1.2.1 die Zielvorgabe "Die Installation und De-Installation des Produkts durch die Systembetreuung des Anwenders ist möglich." Entsprechend sollte unser Techniker die Installation der Testkonfigurationen anhand der Dokumentation selbst vornehmen und Besonderheiten in freiem Protokoll festhalten. Nach einigen Probeläufen mit diesem Verfahren wurde aber dazu übergegangen, die Installation im Beisein eines Anbietervertreters vorzunehmen, um die bestmögliche Funktionsfähigkeit der Hilfsmittelsysteme sicherzustellen.
Die während der Hilfsmittel-Installationen protokollierten Besonderheiten lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Unvollständigkeit der gelieferten Software: Es mußten Gerätetreiber, Symboldefinitionen etc. nachgeliefert werden, die auf den Installationsdisketten nicht vorhanden oder nicht auf dem neuesten Stand waren (Novotech, Hedo, Frank Audiodata, Papenmeier).
- Produktfehler: Während oder nach der Installation traten Fehlersituationen auf, die durch eine Nachbesserung von Hard- und/oder Software behoben werden konnten (Novotech, Baum, Papenmeier).
- Inkompatibilität mit Bestandteilen der Testrechner: In einem Fall (Papenmeier) wurde die Grafikkarte ausgetauscht und die Soundkarte deaktiviert.
- Schnittstellenprobleme: In einem Fall (IBM SR/2) gelang die Konfiguration der dritten seriellen Schnittstelle nicht, so daß auf den Einsatz des Bediengeräts verzichtet werden mußte. Papenmeier hatte vorsorglich die dritte serielle Schnittstelle selbst geliefert.
In diesen Erfahrungen dokumentiert sich zum einen der hohe Aktualitätsdruck, unter dem die Hilfsmittelhersteller das Risiko eingingen, noch nicht völlig ausgereifte Produkte auszuliefern. Weiterhin zeigt sich, daß die Hilfsmittel nach wie vor besondere Anforderungen an die Rechnersysteme stellten. So muß in der Kompatibilität mit handelsüblichen Hardware-Komponenten, entgegen der Selbstauskunft der Anbieter im Anbieterfragebogen, weiterhin mit Störungen gerechnet werden. Auch ein hoher Schnittstellenbedarf der Hilfsmittelsysteme (mehr als eine serielle Schnittstelle und/oder mehr als ein Steckplatz) kann zu Schwierigkeiten führen.
Es ist zu raten, bei der Installation von Hilfsmittelsystemen an Blindenarbeitsplätzen die Dienstleistung des Anbieters in Anspruch zu nehmen. Auch bei der Ausstattung des Rechners sollte sich mit dem Anbieter des Hilfsmittelsystems abgesprochen werden.

Testdurchführung
Zur Durchführung der praktischen Prüfung wurde der im Modellvorhaben entwickelte Prüfkatalog Windows-Anpassungen für Blinde eingesetzt. Hierin sind Musteraufgaben zur Bedienbarkeit der oben genannten Anwendungsprogramme mit den Hilfsmittelsystemen definiert. Außerplanmäßige Vorkommnisse wurden in einem Protokollbogen festgehalten.
Alle Produkte wurden nach demselben Verfahren von einem zweiköpfigen Expertenteam getestet. Das Team bestand aus einem verantwortlichen sehenden Tester und wechselnden blinden Assistenten. Der verantwortliche Tester hatte vielseitige Schulungs- und Installationserfahrung mit Blindenhilfsmitteln, die Assistenten kannten jeweils das getestete Produkt als Anwender oder waren ebenfalls vielseitig erfahren. Vor dem Test eines jeden Produkts gab es eine Schulungs-/Einarbeitungsphase, deren Dauer von den Vorkenntnissen der Tester abhing. Die Musteraufgaben sollten durch Erprobung und Handbuch- oder Hotline-Konsultation bis zur eindeutigen Feststellung der jeweils gefragten Produkteigenschaft bearbeitet werden.
Die Prüfprotokolle wurden den Anbietern zugesandt mit der Bitte, die Ergebnisse nachzuprüfen und ggf. bei abweichenden Ergebnissen ihren Lösungsweg unter Angabe der Aufgabennummer mitzuteilen. Von den Anbietern Frank Audiodata, IBM/Weirich, Novotech und Papenmeier wurden detaillierte Antworten zurückgesandt. Keine Antworten liegen von den Anbietern Baum, Optica und Hedo vor.

Auswertungsverfahren
Zur Auswertung wurden die Prüfbögen, die Protokollbögen und die Rückantworten der Anbieter herangezogen. In der vergleichenden Betrachtung des gewonnenen Datenmaterials und in der Analyse der Anbieterkommentare zeigten sich typische Schwachstellen, die zu der Entscheidung führten, im Zuge der Auswertung das Prüfkonzept für Windows-Anpassungen grundlegend zu revidieren.
In dem angewandten Prüfverfahren konnten Produkteigenschaften immer dann eindeutig festgestellt werden, wenn die Aufgabenstellung sich auf einer sehr detaillierten Ebene mit einzelnen Bedienelementen oder kleinschrittigen Abläufen befaßte. Größere Arbeitsschritte bargen die Gefahr, daß das Antwortverhalten der Tester sich im Laufe der Zeit änderte, oder daß Einwände der Anbieter nicht nachvollziehbar waren. In der Art der Fragestellung mußte deutlich detaillierter vorgegangen werden als bei den Braillezeilen unter DOS, die parallel nach einem vergleichbaren Verfahren getestet wurden. Dies ist zum einen auf die Vielfältigkeit der Bedienwege unter MS Windows, zum anderen auf die noch relativ unklaren Vorstellungen über Soll-leistungen der Windows-Anpassungen für Blinde zurückzuführen.
Ein weiterer Gesichtspunkt war die Praxisrelevanz der mit dem gewonnenen Datenmaterial zu erzielenden Ergebnisse. Im Zuge der Auswertung wurde deutlich, daß die automatischen Erkennungsleistungen der Screen Reader noch relativ begrenzt sind und die Hersteller in erheblichem Umfang Anpassungsarbeiten auf der Ebene einzelner Bedienelemente erbringen müssen. Diesem mit Einzelanfertigungen vergleichbaren Entwicklungsstand der Produkte konnte das Prüfverfahren immer dann nicht gerecht werden, wenn die Abfrage von Merkmalen stichprobenartig gestreut war. In diesen Fällen reichte das gewonnene Datenmaterial nicht aus, um Rückschlüsse auf die zugrundeliegende Fragestellung zu ziehen.
Es wurde die Entscheidung getroffen, das Prüfverfahren systematisch auf die Analyse typischer, ganzheitlich ausgeführter Arbeitsaufgaben umzustellen. Dieses Verfahren war in den sehr detaillierten Musteraufgaben zur Textverarbeitung im Prinzip bereits angelegt und konnte mit dem hier gewonnenen Datenmaterial exemplarisch ausgearbeitet werden. Es wurden Arbeitsaufgaben formuliert, die für Bürotätigkeiten auf einem bestimmten Qualifikationsniveau typisch sind. Die für eine Arbeitsaufgabe vom Anwendungsprogramm alternativ angebotenen Bedienwege wurden analysiert und die Indikatoren für die Durchführbarkeit mit Blindenhilfsmitteln auf der Ebene einzelner Bedienschritte präzisiert. Das Datenmaterial wurde nach diesen Vorgaben neu geordnet, es wurden Fragen verworfen und Lücken aufgezeigt. Unklare oder nicht festgestellte Produkteigenschaften wurden in einigen Fällen nachrecherchiert. Konnte ein Indikator anhand der Testergebnisse nicht ausreichend nachgeprüft werden, so ist dies im Bericht vermerkt.
Die Indikatoren zur Durchführbarkeit der Arbeitsaufgaben mit dem Hilfsmittel basieren wesentlich auf den Spezifikationen, die in den Anforderungskriterien im Teil "Effizienter Informationszugang" unter den Überschriften "Vollständigkeit der Information" und "Steuerbarkeit" formuliert worden sind. Dabei wurde die Wiedergabe über die Braillezeile oder über die Sprachausgabe als gleichwertig behandelt.
Das sehr aufwendige Auswertungsverfahren konnte, teils auch aus Zeitgründen, nur für einen Teil der geprüften Anwendungsprogramme realisiert werden. Im Folgenden werden die Ergebnisse vorgestellt, die zu den Abschnitten "Grundfunktionen der Textverarbeitung" und "Fortgeschrittene Funktionen der Textverarbeitung" mit MS Word für Windows 6.0 erzielt worden sind.
Die nach dem revidierten Verfahren erzielten Ergebnisse geben Auskunft über typische Arbeitsaufgaben und Arbeitsweisen, die mit Windows-Anpassungen für Blinde zum Testzeitpunkt realisierbar waren. Hiermit werden Grundlagen gelegt, die sowohl für die Anforderungsanalyse an Blindenarbeitsplätzen als auch für die Fortentwicklung der Hilfsmittel nutzbar sind.

Darstellung
Die Darstellung der Ergebnisse folgt der Gliederung der Anforderungskriterien. Die Ergebnisse werden in tabellarischer Form und in beschreibenden Erläuterungen präsentiert, teils sind Abbildungen der Bildschirmsituation beigefügt. In den Erläuterungen sind jeweils die Arbeitsaufgabe, die Indikatoren und die Testergebnisse ausgeführt. Es werden die Schwierigkeiten der Aufgabe, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Produktleistungen sowie besondere Lösungswege herausgestellt. Die tabellarische Darstellung aller Arbeitsaufgaben findet sich im Anhang. Anmerkungen der Hersteller zu Einzelleistungen der Produkte sind in der tabellarischen Darstellung als Fußnoten beigefügt.

Grafik 'Zurück'  1.4. Fazit Anbieterbefragung
Grafik 'Weiter'  2.2 Grundfunktionen der Textverarbeitung mit WinWord 6.0

Erstellt: 10.08.1998 19:51   Aktualisiert: 14.12.1998 21:46
Autor: Brigitte Bornemann-Jeske et al.
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Modellversuch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung