BITE Homepage BITE-Zwischenbericht 1997
Ergebnisse Braillezeilen 2. Ergebnisse der Praktischen Prüfung von Braillezeilen Stichwortverzeichnis
2.10. Zusammenfassung
Insgesamt 8
Braillezeilen haben an der praktischen
Prüfung teilgenommen, ein
Produkt absolvierte allerdings nur einen Teil des
Testprogramms. Wir haben bei den
Tests thematische
Schwerpunkte gebildet und die
Ergebnisse entsprechend geordnet. Am
Schluß der
Zusammenfassung finden sich
Vorschläge für eine weitere
Produktverbesserung, die wir aus den
Testergebnissen abgeleitet haben.
Gemeinsamkeiten
Es gab mehrere Eigenschaften, die allen getesteten Braillezeilen und ihren
Anbietern gemeinsam waren und somit wohl als
Standard bezeichnet werden dürften. Hier werden zuerst die technischen
Details und daran anschließend die
Serviceleistungen und
Funktionsleistungen aufgezählt:
- Braillezeilen mit 80 Lesemodulen haben eine Breite ab ca. 610 mm, eine Tiefe ab ca. 265 mm, eine Höhe ab ca. 33 mm und ein Gewicht zwischen 3,4 und 8,5 kg.
- Neben den 80 Lesemodulen sind mindestens 4 Zusatzmodule für z.B. Statusinformationen vorhanden.
- Die Spitzen der Stifte der Anzeigemodule sind generell kugelig gerundet.
- Alle untersuchten Braillezeilen haben Routingtasten, die meist in 6 bis 10 mm (eine Ausnahme mit 17 mm) Abstand von den zugehörigen Lesemodulen angeordnet sind und eine akustische oder taktile Rückmeldung haben.
- An Funktionstasten für die Steuerung der Leseposition und andere Funktionen sind mindestens 13 Stück vorhanden.
- Es bieten alle acht Anbieter eine Telefon-Hotline für Notfälle an.
- Alle Produkte konnten die zur Verfügung stehenden Cursor-Darstellungsarten (u. a. 8-Punkt-Vollzeichen) im laufenden Betrieb wechseln.
- Die Position der im Brailledisplay angezeigten Zeile sowie die des Cursors bezogen auf dem Bildschirm waren ablesbar und mit einer Ausnahme schnell zu ermitteln.
- Sonderzeichen, die über den ASCII-Zeichensatz hinausgehen, ließen sich bei allen getesteten Produkten individuell definieren 15.
- Die abgekoppelte Braillezeile konnte generell ohne Cursorbewegung zum Cursor zurückgeführt werden, egal ob sich dieser im Text oder in einer Dialogbox (zwei Ausnahmen 16) befand.
- Genauso konnte der Cursor allgemein17 zu einer vom Brailledisplay angezeigten Position geführt werden.
- Das Brailledisplay ließ sich auf eine bestimmte Bildschirmposition fixieren, ohne anschließend auf Cursorbewegungen zu reagieren.
- Die Bedienung einer Dialogbox über die Tab-Taste ist aufgrund der hier fehlerfreien Cursorverfolgung aller Testprodukte unproblematisch.
- Die Bildschirmoberfläche von MS-Word und ihre Bestandteile sind ohne Einschränkung erkennbar.
Technische Daten und Äußere Gestaltung
Ermittelt haben wir den
Platzbedarf der eigentlichen Braillezeile und die
Anordnung von
Anzeige- und
Bedienelementen.
Hinsichtlich der erforderlichen
Stellfläche unterscheiden sich die am
Test beteiligten Produkte erheblich. Auch bei Art und Anordnung der
Bedienelemente gibt es Unterschiede. Allgemeine
Aussagen darüber, welche
Lösungen ergonomisch besonders geeignet erscheinen oder zu unbeabsichtigtem
Auslösen neigen, lassen sich aber nicht treffen. Hier ist die individuelle
Erprobung erforderlich.
Neun ausgewählte Funktionen haben wir untersucht. Zwar beherrschten alle Braillezeilen die gebräuchlichsten Funktionen (wir zählen hierzu umschaltbare
Cursordarstellung, definierte Sonderzeichen und
Zeilenfixierung), nicht unerhebliche Unterschiede waren aber hinsichtlich des
Angebotes weiterer
Funktionsmöglichkeiten festzustellen. Über deren Nützlichkeit kann aber nur im
Einzelfall entschieden werden.
Cursorverfolgung
Bei der Cursorverfolgung kam es uns vor allem darauf an zu prüfen, ob die für die jeweilige
Programmsituation relevante Position angezeigt wurde und ob im Verlauf der
Programmbenutzung immer die gleiche, eingestellte
Cursorart verfolgt wurde. Die Prüfung von
Hard- und
Softcursor haben wir mit der
Anwendungssoftware
REHADAT,
D-
Info,
Telix und MS-Word durchgeführt.
Die Ergebnisse zeigen, daß die untersuchten Braillezeilen mit der
Verfolgung des
Softcursors grundsätzlich zwar keine Schwierigkeiten haben, aber es noch an der Zuverlässigkeit dieser
Funktion mangelt.
Voraussetzung der
Softcursorverfolgung ist, daß die Braillezeile auf das jeweilige
Anwendungsprogramm eingestellt wird. Die dafür notwendigen
Parameter werden von den Anbietern bereitgestellt und beim
Start der
Anwendung geladen. Ohne diese programmspezifischen
Einstellungen kann es zu unerwünschten
Positionsanzeigen kommen.
Unterschiede gab es auch bei einem weiteren Punkt. Die
Überprüfbarkeit einer fortlaufenden
Markierung boten nicht alle getesteten Braillezeilen. Es ließen sich zwar mit allen Produkten
Textpassagen gezielt umstellen, jedoch war die
Kontrolle des markierten
Textes bei einigen Produkten komfortabler und vor allem auch sicherer.
Bei der Prüfung der
Bedienbarkeit von Funktionen dieses
Anwendungsprogrammes haben wir drei
Bereiche unterschieden:
Bildaufbau (
Benutzeroberfläche),
Menübedienung und
Dateiauswahl.
Nur geringe Unterschiede gab es bei der Anzeige der Bestandteile der Bildschirmoberfläche und des
Menüs. Das
Verwalten von
Dateien gelang bei allen Braillezeilen, jedoch müssen auch hier
Abstufungen in Bezug auf
Kontrollierbarkeit und sichere
Durchführung der
Aktionen vorgenommen werden. Nicht alle Produkte hinterließen einen sicheren
Eindruck im Verwalten von Dateien unter dem Norton Commander.
Zur
Textverarbeitung mit MS Word gehört eine Vielzahl von Möglichkeiten, die wir in zwei
Abschnitte unterteilt haben. Unter dem
Stichwort "
Grundlagen der Textverarbeitung" haben wir Funktionen zu den
Themen
Aufbau und Bedienung,
Textformatierung, Textpassagen und
Dialogboxen geprüft. Unter dem Stichwort "
Fortgeschrittene Textverarbeitung" wurden Funktionen zu den Themen
Kopf-/
Fußzeilen,
Tabellen und
Sprungmarken für
Vorlagen getestet.
Deutliche Unterschiede zwischen den
Testprodukten zeigten sich bei der
Attributdarstellung und beim
Mar
kieren von Textpassagen, eine Funktion, die z.B. beim
Umstellen von
Absätzen benötigt wird (siehe Seite
40). Der Gesamtumfang der im Test markierten
Textpassage war bei allen Produkten überprüfbar und damit eine
Absatzverschiebung möglich. Das
Kontrollieren einer fortlaufenden Markierung war bei drei der getesteten Produkte (
EHG,
Hedo und
Novotech) nicht möglich.
Die gängigsten
Zeichenattribute (
Fett, Unterstrichen,
Kursiv,
Invers) wurden von der
Papenmeier Braillezeile per
Tastendruck durch Unterlegung des Textes mit den
Punkten 7 und 8 angezeigt. Die übrigen Produkte boten entweder eine Attributdarstellung durch Unterlegung des Textes (
Baum,
Frank Audiodata,
KTS,
Novotech und
Papenmeier) oder einen
Attributmodus durch Anzeige eines
Braillesymbols anstelle des Textes (
B&M,
Hedo,
EHG) an (vergl. Seite
41). Einige boten beide
Verfahren an (
Frank Audiodata,
KTS).
Bei der
Fortgeschrittenen Textverarbeitung erfüllten alle Testprodukte die gestellten
Anforderungen, jedoch mußten bei der
Bearbeitung von größeren Tabellen bei einigen Produkten größere
Umstände in
Kauf genommen werden. Die nicht korrekte
Positionsanzeige von
Zellinhalten kann gerade bei umfangreichen Tabellen verwirrend sein. Das gezielte
Navigieren in einer
Tabelle war allgemein noch umständlich.
Eine
Programmbedienung war somit generell gegeben, jedoch der damit verbundene
Aufwand unterschiedlich.
Bei diesem unter
DOS weit verbreitetem Anwendungsprogramm haben wir geprüft, ob sich Funktionen aus dem
Bereich
Datenbank und Textverarbeitung (inkl.
Serienbriefe) mit der Braillezeile bedienen lassen. Alle Testprodukte absolvierten beide
Funktionsbereiche ohne Schwierigkeiten.
Leistungsunterschiede zeigten sich lediglich bei speicherintensiven Funktionen und der Art der
Darstellung von Sonderzeichen.
Auskunftssysteme: REHADAT und D-Info
Die Bedienbarkeit von
Auskunftsystemen die unter DOS laufen, haben wir an
Hand von REHADAT und D-Info geprüft. Bis auf zwei unwesentliche Ausnahmen bereitete die Bedienbarkeit von REHADAT den am Test beteiligten Braillezeilen keinerlei Schwierigkeiten. Auch D-Info war von allen Braillezeilen problemlos zu bedienen.
Online-Dienste: BTX-Decoder und Telix
Das
Angebot an
Online-Diensten auf
DOS-Ebene ist beschränkt. Wir haben die Bedienbarkeit der beiden recht verbreiteten
Programme
Drews
BTX Decoder und Telix geprüft.
Der BTX Decoder war bis auf vereinzelte
Ausrutscher beim
Anzeigen der aktuellen Zeile und abgesehen von der Schwierigkeit einer Braillezeile beim
Initialisierungsstring, von allen Produkten problemlos zu bedienen. Nicht so gut sah es bei der Bedienbarkeit von Telix aus, hier waren die Ergebnisse recht unterschiedlich. Allerdings muß gesagt werden, daß Telix ohnehin ein für
Blinde schwierig zu bedienendes
Programm ist, da durch inverse
Hervorhebungen aller Art die Cursorverfolgung erschwert wird.
Insgesamt zeigt sich, daß Bedienung und
Kontrollmöglichkeiten ausgewählter
Software unter dem
Betriebssystem
MS-DOS 6.x mit den am Test beteiligten Braillezeilen weitgehend möglich ist. Vollständig fehlerfrei war allerdings keines der Produkte.
Probleme für die eine oder andere Braillezeile zeigten sich insbesondere bei der Bedienung von
Programmfunktionen über die Braillezeile, bei der Zuverlässigkeit der Cursor- bzw. Softcursorverfolgung, der
Kontrollmöglichkeit von
Markieraktionen und beim
Anzeigewechsel zwischen mehreren
Softcursorpositionen (
Kontextkontrolle). Unterschiede gab es vor allem bei den
Darstellungsmöglichkeiten von
Attributen.
Bedienroutinen werden nicht durchgehalten
Auch wenn es im einzelnen Unterschiede gab, so belegen die Ergebnisse des
Braillezeilen-Tests einen durchaus einheitlichen
Stand der
Technik. Mit allen am Test beteiligten Braillezeilen war es grundsätzlich möglich, die heutige
Generation DOS- basierter
Programmen zu beherrschen.
Dennoch blieben
Wünsche offen.
Zwar konnten in aller
Regel die beim Test einbezogenen
DOS-Anwendungsprogramme mit der Braillezeile bedient werden, dabei traten aber auch
Probleme auf, deren
Lösung oft umständlich war oder ungewohnte
Bedienschritte erforderte. Wenn aber gewohnte
Arbeitsweisen und Bedienroutinen nicht mehr greifen, sind
Einschränkungen des
Bedienungskomforts und der Schnelligkeit unausweichlich. Die
Folgen für den
Benutzer: dem "
Arbeitswerkzeug Braillezeile" muß übertriebene Aufmerksamkeit gewidmet werden, der
Zeitaufwand für die
Erledigung von
Arbeitsaufgaben wächst und die
Verständigung mit sehenden
Kollegen wird schwieriger.
Ziel muß es sein, jede beliebige
Aufgabenstellung gemäß der
Bedienanleitung des
Anwendungsprogramms zu lösen, so daß nicht unnötig nach braillezeilenbedingten
Problemlösungsstrategien gesucht werden muß.
Produktübergreifende Bedienstandards fehlen
Vergleicht man die am Test beteiligten Braillezeilen, so zeigen sich in Bezug auf die Art der Bedienung und bei der
Anzahl, Anordnung und Art der Bedienelemente erhebliche Unterschiede. Diese Unterschiede in der äußeren Gestaltung und in der Anordnung von Bedienelementen sind zum gegenwärtigen
Zeitpunkt sicherlich gerechtfertigt, da es noch am ergonomischen
Grundlagenwissen über die optimale äußere Gestaltung der Braillezeile mangelt.
Anders steht es um die Vielfalt unterschiedlicher
Bedienarten und
Lösungswege zur Programmbedienung, die wir bei den am Test beteiligten Braillezeilen feststellen konnten. Zwar fehlt auch für die
Softwareergonomie der Braillezeilen noch das
Basiswissen, um entscheiden zu können, welche
Konzeptionen besonders gelungen sind, wünschenswert wären aber
Bemühungen auf Seiten der Anbieter, zumindest für bestimmte
Routinen einheitliche
Standards zu entwickeln.
Solange solche einheitlichen Standards fehlen, wird der (z.B. durch die
Einführung neuer betrieblicher Software notwendige)
Produktwechsel für den
Braillezeilenbenutzer weiterhin mit einem erheblichem
Einarbeitungs- und
Schulungsaufwand verbunden bleiben. Auch für die schulische und berufliche
Ausbildung am
Computer würden einheitliche Bedienroutinen sowohl für die
Ausbilder als auch für die
Schüler eine erhebliche
Situationsverbesserung bedeuten.
15 Bei Baum empfanden unsere Prüfer dies anfangs schwierig, bezeichneten es als Übungssache.
16 Bei zwei Kandidaten gab es innerhalb einer Dialogbox Schwierigkeiten, die jedoch laut ihrer Anbieter nicht auftreten dürften.
17 Bei der Braillezeile von KTS gab es dabei Probleme, die theoretisch nicht auftauchen dürften.
2.9.2 Telix
3. Ergebnisse der Dokumentenanalyse
Erstellt: 04.09.1998 20:06 Aktualisiert: 14.12.1998 21:46
Autor: Brigitte Bornemann-Jeske et al.
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Modellversuch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung