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Infobrief


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Bemerkens-
wertes zur Barrierefreien Informations-
technik

bit.infobrief Nr. 9 vom 11.04.2005

Liebe Kollegen,

wie man barrierefreies Internet für die Wirtschaft handhabbar und sogar lohnend machen kann - das ist heute die spannende Frage.


1. Zertifizierung

DIN CERTCO wird bis Mitte 2005 in Zusammenarbeit mit dem AbI Aktionsbündnis für Barrierefreie Informationstechnik ein Zertifikat "DIN-Geprüft barrierefreie Website" vorlegen. Dies meldete AbI am 1. Februar 2005, und brachte damit die Gemeinde der Barrierefrei-Experten an den Rand der Spaltung. Seither sind jedenfalls Fundis und Realos eindeutig voneinander geschieden. Für die Puristen ist klar, dass man nicht zertifizieren kann, weil sich aus einer so "weichen" Materie wie der BITV keine eindeutigen, "harten" Testkriterien ableiten lassen. Und weil eine Website eine fließende Sache ist, deren heute zertifizierte Qualität morgen schon wieder hinfällig sein kann. Die Realisten stellen dagegen fest, dass die Wirtschaft ein Zertifikat braucht, um Sicherheit für ihre Investitionen zu haben. Also liefert man eines, wie wird man schon sehen, bevor es ein anderer tut.

Der gute Name des DIN-und TÜV-nahen Instituts muss nicht unbedingt für die Qualität des Zertifikats bürgen. Schon im letzten Jahr hat DIN CERTCO mit einem eigenen Prüfverfahren den Vorstoß gewagt, und wurde von den Experten einhellig mit dem Verdikt "accessibility light" zurückgewiesen. Heute tritt DIN CERTCO im Verein mit denjenigen Instituten an, die den BITV-Kurztest und das Testverfahren des BIENE-Awards entwickeln. Wir dürfen gespannt sein, ob es den Konsorten gelingen wird, den Weg zwischen Scylla und Charybdis ohne allzu große Opfer zu passieren. Denn entweder wird das Zertifikat nichts aussagen, indem es nur die wenigen automatisch testbaren Anforderungen berücksichtigt, oder es wird sehr teuer sein. Spötter malen sich bereits aus, wie ein Behindertenverband den Besitzer einer zertifizierten Website wegen der dennoch bestehenden Zugangsmängel verklagt.

Die Behindertenverbände haben dem Zertifizierungsvorhaben ihren Segen gegeben. Sie haben aber auch klargestellt, dass das Zertifikat freiwillig und nicht, wie die TÜV-Plakette für Autos, gesetzlich vorgeschrieben ist, und es nach ihrem Willen auch nicht werden soll.

Für die Wirtschaft wäre es vielleicht auch gut, wenn es ein BITV-Zertifikat für Webagenturen gäbe. Daran hat AbI sich aber noch nicht herangewagt.

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2. Automatik

Irgendwie mythisch, oder magisch, sind die Hoffnungen, die das Publikum mit automatischen Qualitätssicherungstools verbindet. RedDot stellte seinen Web Compliance Manager auf der CeBIT vor, und staunte über die unerwartet große Resonanz. Nun ist es zweifellos ein gutes Tool, um große Websites auf korrektes HTML, tote Links, Rechtschreibung und BITV-Regeln zu überprüfen. Bei der Kundschaft weckt es aber anscheinend darüber hinaus die Erwartung, nun die Barrierefreiheit automatisch "im Sack" zu haben. Unmut ist vorprogrammiert.

Die RedDot Vertriebsleute sind an dem Missverständnis ziemlich unschuldig, denn sie sagen deutlich genug, dass das Tool Mängel automatisch feststellt, nicht automatisch verhindert oder beseitigt. Man hört, dass die Firma ein Kooperationsprogramm mit Barrierefrei-Experten auflegen will. Wer den Web Compliance Manager kauft, bekommt dann zugleich einen Berater zur Seite gestellt, der mit den Fehlermeldungen etwas anfangen kann und weiß, wie man sie behebt. Gute Idee!

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3. Layouttabellen

Ein Mythos, an dem die Barrierefrei-Experten nicht ganz unschuldig sind, ist die Gleichsetzung von Barrierefreiheit und tabellenfreiem Layout. Letzteres ist nämlich das technisch anspruchsvollste an der ganzen Materie, eine Art Adelsprädikat für HTML- und CSS-Programmierer. Die jugendlichen Adepten legen sich tüchtig ins Zeug, und präsentieren ihre Ergebnisse wie Herkules den genial gereinigten Augiasstall. Ob immer zu Recht, sei dahingestellt. Leider sieht manch gestandener Praktiker daran nur die Anstrengung, und überläßt die ganze Barrierefreiheit lieber höheren, berufeneren Geistern.

Dabei sind Layouttabellen nach BITV keinesfalls verboten, sondern unter eine Regel gestellt: Wenn Du Layouttabellen verwendest, achte darauf, dass bei linearisierter Anzeige die Inhalte sinnvoll angeordnet sind. Eine lineare Anzeige haben z.B. Sprachausgaben und Textbrowser, die bei Tabellenlayout die Inhalte durcheinander werfen können, wenn man nicht darauf aufpasst. Das ist aber ziemlich leicht zu beherrschen.

Man muss sich also wundern, warum Layouttabellen nicht pragmatisch mit allen Pros und Cons diskutiert werden. Einen ersten Anfang hierzu machen die Websozis, die so mutig sind, ihre Rückkehr zu Layouttabellen detailliert zu begründen. Das zeugt keinesfalls von Unfähigkeit, sondern von einem gesunden Sinn für Prioritäten.

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4. Business Cases

Barrierefreie Websites zahlen sich in Mark und Pfennig aus, weil sie mehr potentielle Kunden erreichen, die Nutzer besser bedienen und darüber hinaus auch noch kostengünstig im Unterhalt sind. Diese Aussage ist unter den Barrierefrei-Experten sozusagen Banane. Um aber einen skeptischen Entscheider zu überzeugen, braucht es Zahlen, Daten, Fakten. Denn immerhin sind die Einstiegskosten, oder jedenfalls das anfängliche Umdenken, nicht unerheblich.

Einige Wirtschaftsunternehmen haben die Zeichen der neuen Zeit schon erkannt. In einer Untersuchung der Fachhochschule Wedel sind die Spitzenreiter unter den Websites (Salzgitter AG, Deutsche Bahn, Metrogruppe, Deutsche Post) in puncto Barrierefreiheit schon ganz gut. Andere verschenken noch viel Potential. Als Hauptschuldigen machen die Forscher veraltete Content Management Systeme aus, die nicht so schnell ersetzt werden können. Dabei sei mit kleinen Korrekturen, wie z.B. Alternativtexten für Navigationsgrafiken, schon viel gewonnen. Die Firmen unterschätzten vielfach die rasante Steigerung bei den Älteren und bei den mobilen Internetnutzern.

Der Hamburger Otto Versand beschäftigt sich schon länger mit dem Thema. Ihr Online-Shop war einer der ersten im Internet und ist offenbar nur mit Mühe auf barrierefrei zu trimmen. An sich war für diesen Sommer ein Relaunch mit vielen Verbesserungen angekündigt, doch nun überrascht uns Otto vorab bereits mit einem speziellen, "weitgehend barrierefreien" Online-Shop. Auf der Basis einer vorhandenen Handy-Version war die für Menschen mit Behinderungen optimierte Umsetzung relativ einfach. Die Blinden und Sehbehinderten jedenfalls haben ihre Freude daran, und berichten enthusiastisch auf der blindshopping-Mailingliste: "ich könnte glatt in einen Kaufrausch verfallen". Na, wenn das kein Argument für Entscheider ist!

Der Mittelstand hat oft überschaubare Websites, mit denen man gut einen barrierefreien Neuanfang machen kann. Die Handelskammer Hamburg im Verein mit dem HNBI Hamburger Netzwerk für Barrierefreie Informationstechnik lädt am 21. April zu einer Veranstaltung speziell für den Mittelstand ein. Näheres siehe unter "5. Veranstaltungen".

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5. Veranstaltungen

"Barrierefreies Internet: Wie Sie mit Ihrer Webseite mehr Kunden erreichen." Mit diesem Titel lädt die Handelskammer Hamburg speziell den Mittelstand zu einer Abendveranstaltung am 21. April ein. Es geht um Grundlagen, gute Beispiele und Kosten-Nutzen-Überlegungen für barrierefrei gestaltete Internetauftritte.

Titel:
Barrierefreies Internet
Datum:
21.04.05, 18-20 Uhr (open end)
Ort:
Hamburg, Handelskammer
Veranstalter:
Handelskammer Hamburg und HNBI
Kosten:
keine
Anmeldung:
http://makeashorterlink.com/?R29B16DDA (kh24.de)

 

Die jährliche Mai-Tagung "Museums and the Internet" hat in diesem Jahr wieder einige Vorträge zur Barrierefreiheit. Die Tagung wird vom Rheinischen Archiv- und Museumsamt organisiert und findet am 19. und 20. Mai im Senckenbergmuseum in Frankfurt statt.

Titel:
Mai-Tagung
Datum:
19.05.05 - 20.05.05
Ort:
Frankfurt, Senckenbergmuseum
Veranstalter:
Rheinisches Archiv- und Museumsamt
Kosten:
110 Euro
Internet:
http://www.mai-tagung.de

 

Dies war nur ein kleiner Ausschnitt. Der Veranstaltungskalender zur barrierefreien Informationstechnik ist in diesem Frühjahr so voll, dass die Auswahl schwer fällt.


Soviel für heute.

Ich wünsche Ihnen ein wunderschönes Frühjahr.

Brigitte Bornemann-Jeske

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