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Anforderungsprofil Großbildsysteme
Großbildsysteme
Version 1.1 vom 21.04.1997
Die untersuchte Produktgruppe umfaßt
Systeme zur vergrößerten
Darstellung von
Bildschirminhalten, die es
Sehbehinderten ermöglichen,
Computersysteme zu bedienen. Nutzer sind alle Sehbehinderten, die auch bei
Einsatz optischer
Hilfen und eines großen
Monitors auf
Dauer nicht in der
Lage sind, am
Computer zu arbeiten.
Die spezifische
Leistung des
Produkts besteht darin, die
Wiedergabe des
Computerbildes durch verschiedene
Manipulationen wie
Ausschnittvergrößerung,
Farb- und
Kontrasteinstellung, veränderte
Zeichenform etc. an die verschiedenen
Sehbedürfnisse
Sehbehinderter anzupassen. Begleitende
Funktionen beziehen sich darauf, den vergrößerten
Bildausschnitt zu steuern und ggf.
Eingaben an das
Anwendungsprogramm zu bewirken.
Die Produktgruppe trägt bei zu der
Zielsetzung, die behinderungsbedingten
Einschränkungen in der
Computerbedienung soweit zu kompensieren, daß bei sonst gleichen Voraussetzungen eine mit nichtbehinderten
Kollegen vergleichbare
Arbeitsleistung erreicht werden kann.
Das
Produkt ist ein grundlegendes
Hilfsmittel zur Computerbedienung und nicht auf bestimmte
Anwendungszwecke begrenzt. Im
Rahmen der Untersuchung soll sich auf die berufliche Nutzung beschränkt werden.
Es werden Großbildsysteme für stationäre
Arbeitsplätze untersucht, die üblicherweise mit einem großen
Monitor von 17"-21"
Bilddiagonale ausgestattet sind.
An betrieblichen
Arbeitsplätzen werden in der
Regel
Anwendungsprogramme mit grafischer
Bedienoberfläche eingesetzt. In die Untersuchung werden nur Großbildsysteme einbezogen, die zur
Bedienung grafischer
Bedienoberflächen, speziell
MS-Windows, geeignet sind. Nach dem
Entwicklungsstand der Großbildsysteme ist davon auszugehen, daß der
Funktionsumfang von
Anwendungen unter MS-Windows nicht vollständig sicher zugänglich ist.
An
Sehbehindertenarbeitsplätzen werden Anwendungen im
Textmodus, die an vernetzten betrieblichen Arbeitsplätzen an Bedeutung verloren haben, weiterhin für spezifische Zwecke genutzt. Anwendungen im Textmodus, speziell unter
MS-
DOS, sollen mit begrenzter
Auswahl in die Untersuchung einbezogen werden.
Die von den sehbehinderten
Anwendern zu lösenden Arbeitsaufgaben umfassen
Aufgaben der
Text- und
Datenverarbeitung im weitesten Sinne und auf allen
Qualifikationsstufen. Eine
Systematisierung nach
Berufsgruppen empfiehlt sich nicht, da die
Aufgabenstrukturen klassischer
Büroberufe sich aktuell in
Auflösung befinden. Relevante
Trends sind insbesondere der
Wandel von hoch arbeitsteiligen zu mehr ganzheitlichen Aufgabenstrukturen, wovon insbesondere die klassischen
Schreibarbeitsplätze betroffen sind, und eine Steigerung der
Ansprüche an die optische
Gestaltung der
Arbeitsergebnisse.
Gemeinsamer
Bestandteil aller Arbeitsaufgaben ist die Nutzung von
Standardsoftware sowie von allgemeinen
Datensammlungen und
Nachschlagewerken. Die
Ausprägung der
Software-Nutzung soll nach folgenden
Kriterien differenziert werden:
- selbständige Systembetreuung
Unter
Anwendungsbreite ist die
Menge der am
Arbeitsplatz anzuwendenden
Programme zu verstehen. In der Untersuchung wird eine Auswahl weitverbreiteter Anwendungen definiert, deren
Bedienbarkeit mit dem Hilfsmittel auf einfachem
Niveau überprüft wird.
Die
Anforderungen an die Anwendungstiefe werden in zwei
Stufen unterteilt: Nutzung von
Grundfunktionen sowie Nutzung und selbständige
Anwendung fortgeschrittener Funktionen. In der Untersuchung werden häufig angewendete Funktionen von Standardsoftware, vom Einfachen zum Komplexen gestaffelt, auf ihre Bedienbarkeit mit dem Hilfsmittel überprüft. Selbständige Systembetreuung ist dann erforderlich, wenn eine professionelle betriebliche Systembetreuung nicht zur
Verfügung steht.
Textorientierte Anwendungen sollen als behinderungsspezifischer Sonderfall in die Untersuchung aufgenommen werden.
Sehbehinderte
Arbeitnehmer werden textorientierte Anwendungen in
Zukunft voraussichtlich zu Aufgaben nutzen, die einen geringen
Datenaustausch mit sehenden Kollegen und eine einfache optische Gestaltung erfordern. Dies sind im wesentlichen
Schreibtätigkeiten mit einfachen und mittleren Anforderungen sowie die
Datenhaltung zur Selbstorganisation.
Die Anwendung dieser
Systematik auf einzelne Arbeitsplätze erfordert eine individuelle
Gewichtung der
Faktoren. Diese kann nicht im Rahmen der
Produktprüfung stattinden, sondern muß im individuellen
Auswahlverfahren vorgenommen werden.
Als mögliche Anwender werden im Rahmen dieser Untersuchung vor allem die Sehbehinderten im
Beruf berücksichtigt. Es wird angenommen, daß die
Lernvoraussetzungen dieser
Personengruppe abgesehen von der
Sehbehinderung normal sind. Weitere
Behinderungen werden im Rahmen dieser Untersuchung nicht berücksichtigt. Die allgemeinen
Qualitätsmaßstäbe der
Software-Ergonomie, insbesondere
Steuerbarkeit, Individualisierbarkeit und
Lernförderlichkeit, sind auf das Produkt anzuwenden.
Die Sehbehinderung läßt sich u.a. in den folgenden
Dimensionen beschreiben, die in der
Praxis in verschiedener Ausprägung und
Kombination vorkommen:
- Gesichtsfeldeinschränkung
- veränderte Farbwahrnehmung
- extreme Kurzsichtigkeit
Großbildsysteme verfolgen in erster
Linie den Zweck, die
Erkennbarkeit von
Zeichen und die
Leserlichkeit von
Schriften unter den
Bedingungen der Sehbehinderung sicherzustellen. Die hierzu erforderlichen technischen Eigenschaften weichen von den für
Normalsichtige definierten
Regelwerten für
Bildschirmgeräte ab. Besondere Anforderungen bestehen u.a. in folgenden Faktoren:
Diese technischen Faktoren sollen in der Untersuchung als unabhängige Variablen überprüft werden. Die Faktoren werden von den
Einzelpersonen in verschiedener Ausprägung und Kombination benötigt. Eine optimierte individuelle
Einstellung setzt den
Vergrößerungsbedarf gegenüber dem
Originalbild herab und verbessert die
Orientierung.
Die besonderen Anforderungen Sehbehinderter an die
Informationsaufbereitung sind zu berücksichtigen. Durch die ausschnitthafte Darstellung der
Information werden
Einrichtungen zur Orientierung und zur
Steuerung des vergrößerten
Ausschnitts erforderlich. Weitere Unterstützung ist erforderlich in der kognitiven
Erschließung der
Informationsstrukturen ("
Überblicksdarstellung") und in der
Beobachtung von
Bildschirmereignissen außerhalb des aktuellen
Wahrnehmungsfokus.
Je nach individueller Ausprägung der Sehbehinderung sind zur Wiedergabe der
Bildschirminformation neben der angepaßten optischen Darstellung auch andere
Medien, insbesondere
Sprache und
Braille, einzusetzen.
Die Gewichtung aller genannten Faktoren ist von den individuellen
Umständen abhängig und kann nicht im Rahmen der Untersuchung erfolgen. Eine
Gruppenbildung ist nicht möglich.
Das Produkt wird üblicherweise in
Arbeitsplatzsystemen eingesetzt, die als
Kern einen
Personalcomputer, ggf. mit
Anschluß an ein
Rechnernetz oder
Terminalsystem, sowie diverse
Peripheriegeräte und diverse
Software umfassen. Eine weitgehende
Kompatibilität mit handelsüblicher
Hard- und Software ist erforderlich. Die allgemeinen
Qualitätsanforderungen an
Produkte der
Informationstechnik sind einzuhalten.
Das Produkt besteht aus
Soft- und/oder
Hardware-
Komponenten, die zu einem sehbehindertengerechten
Zugangssystem zur
Computernutzung verbunden sind. Hierzu gehören
- eine Software zur sehbehindertengerechten Wiedergabe des Computerbildes (Ausschnittvergrößerung, Farb- und Kontrasteinstellung, veränderte Zeichenform etc.)
- ein großer Monitor (17"-21") mit spezifischen Leistungsmerkmalen (noch definieren)
- ggf. eine Software zur Interpretation des Bildschirminhalts von grafischen Bedienoberflächen ("Brückensoftware", "Screen Reader")
- ggf. weitere Medien zur Ausgabe des Bildschirminhalts wie Sprachausgabe, Soundblaster, Braillezeile etc.
- ggf. weitere Geräte zur behinderungsgerechten Eingabe, z.B. Spracheingabe
- ggf. eine Kamera zur Einblendung gedruckter Vorlagen in das Computerbild
Die Komponenten werden nach den individuellen Umständen ausgewählt und sollen zu einem integrierten
System mit einheitlicher Steuerung verbunden sein. Das
Marktangebot umfaßt sowohl offene, aus Komponenten verschiedener
Hersteller zusammengesetzte, als auch geschlossene Großbildsysteme.
1 Allgemeine Standards der Produktqualität von Hard- und Software werden eingehalten.
Erstellt: 07.03.1998 17:53 Aktualisiert: 14.12.1998 21:45
Autor: Brigitte Bornemann-Jeske et al.
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Modellversuch im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung